Nachdem der dem radikalen Flügel der Reformation angehörende Thomas Müntzer im April 1521 aus Zwickau ausgewiesen worden war, zog er weiter nach Prag. Dort fasste er im Prager Manifest erstmals seine radikalen theologischen Ansichten zusammen und machte sie wohl durch öffentlichen Anschlag publik. Insbesondere attackierte er die Priesterschaft, welche seiner Ansicht nach die Aussagen der Bibel verfälschte. Seine Ideen fanden jedoch keinen Widerhall. Kurze Zeit später verließ Müntzer Prag.
Das Manifest ist in der vorliegenden lateinischen Fassung sowie in einer kurzen und einer längeren deutschen Bearbeitung überliefert. Darüber hinaus gibt es noch eine unvollständige Abschrift in tschechischer Sprache.
Über das Schicksal der Handschrift im 16. und 17. Jahrhundert ist wenig bekannt. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde sie angeblich von dem schwedischen Offizier Samuel Ebert in einem thüringischen Kloster gefunden. Von diesem gelangten sie an den Altenburger Verwaltungsbeamten Friedrich Förster. Dessen Sohn Friedrich Günther Förster veräußerte sie 1718 an die Herzogliche Bibliothek zu Gotha.
Das Manifest war zur Zeit des Kaufs mit anderen Texten in einem Folioband gebunden, der heute unter der Signatur Chart A 388 aufbewahrt wird. Ernst Salomon Cyprian hat zehn ihm besonders bedeutsam erscheinende Schriften herauslösen und in einen Sammelband binden lassen, der heute die Signatur Chart A 379 trägt. Gegen Ende des 19. Jh. wurde das Prager Manifest aus diesem Konvolut entnommen und separat gebunden.
Literature:
Marion Dammaschke; Günter Vogler: Thomas-Müntzer-Bibliographie, Baden-Baden 2013.